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Bei Untersuchungen des Gesundheitszustands verschiedener Berufsgruppen mit einer Exposition bei starken elektrischen und magnetischen Feldstärken ergaben sich vor etwa 25 Jahren Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer beruflichen Exposition bei niederfrequenten Magnetfeldern und dem Auftreten von neurodegenerativen Erkrankungen, wie z.B. Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit und amyotropher Lateralsklerose (ALS). Um diesen Hinweisen nachzugehen, wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche epidemiologische Studien durchgeführt. Im Fokus steht dabei die Berufsgruppe der Elektro-Berufe, wozu beispielsweise Arbeiter im Elektrizitätswerk, Elektriker und Elektroinstallateure zählen (Bowman et al, 2007). Weitere untersuchte Berufsgruppen sind Schweißer und Lokführer.
Neurodegenerative Erkrankungen sind meist langsam fortschreitende Erkrankungen des Nervensystems, die erblich bedingt sein können oder spontan auftreten. Es kommt dabei zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen (Neurodegeneration). Dies führt zu verschiedenen neurologischen Erkrankungen des Gehirns, wie Demenz (z.B. Alzheimer-Krankheit) oder Bewegungsstörungen (z.B. Parkinson-Krankheit). Im Zusammenhang mit einer niederfrequenten Magnetfeld-Exposition wurden vor allem die Alzheimer-Krankheit, amyotrophe Lateralsklerose und Parkinson-Krankheit untersucht.
Demenz ist eine Störung mehrerer kognitiver Funktionen mit Abnahme des Gedächtnisses, des Denkvermögens und anderer kognitiver Leistungen (z.B. Sprache, Urteilskraft, Orientierung, Affektkontrolle und Persönlichkeit), die zur Beeinträchtigung von sozialen, beruflichen und anderen alltäglichen Aktivitäten führt. Die häufigste Form der Demenz ist mit einem Anteil von 50–70% die Alzheimer-Krankheit (benannt nach dem Neuropathologen Alois Alzheimer, 1864–1915). Sie ist eine neurodegenerative Erkrankung, die allmählich zu einer Schrumpfung des Gehirns führt. Charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit sind Amyloid-Ablagerungen (Plaques) und Aggregate des Tau-Proteins im Gehirn. Sie tritt typischerweise nach dem 60. Lebensjahr auf. Die Zahl der an Demenz Erkrankten wurde 2013 weltweit auf 44 Millionen Personen geschätzt, mit einer Zunahme auf 76 Millionen bis 2030 (Alzheimer's Disease International). Frauen erkranken häufiger als Männer. In Deutschland leben gegenwärtig etwa 1,5 Millionen an Demenz erkrankte Personen, davon sind rund zwei Drittel von der Alzheimer betroffen. Etwa 300.000 Neuerkrankungen treten jährlich in Deutschland auf (Deutsche Alzheimer Gesellschaft). Die Ursachen für Alzheimer sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Zu den bekannten, jedoch nicht beeinflussbaren Risikofaktoren zählen Alter, genetische Faktoren (z.B. Variante von Apolipoprotein A) und erbliche Faktoren (z.B. bei einer früh auftretenden Form). Weitere Risikofaktoren sind Diabetes, Bluthochdruck, Atherosklerose, Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Rauchen und Alkohol-Konsum.
Amyotrophe Lateralsklerose (auch als Motoneuronen-Krankheit bezeichnet) ist eine schnell fortschreitende neurodegenerative Erkrankung der motorischen Nervenzellen (Motoneuronen), die für die Kontrolle der willentlich gesteuerten Muskulatur verantwortlich sind. Sie führt zu unwillkürlichen Muskel-Zuckungen, Muskel-Schwund (Atrophie) und zur Muskel-Schwäche an Armen und Beinen. Mit dem Fortschreiten der Krankheit verliert das Gehirn die Fähigkeit, willkürliche Bewegungen zu steuern und zu kontrollieren. Die Krankheit tritt meist erst ab dem 60. Lebensjahr auf. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. Die Krankheit tritt sehr selten auf, weltweit erkranken jährlich etwa 2 pro 100.000 Personen neu an amyotropher Lateralsklerose. In Deutschland leben etwa 6000 an amyotropher Lateralsklerose erkrankte Personen (Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V ). Etwa 90% der Fälle treten ohne eine bekannte Ursache auf, die anderen Fälle sind auf eine erbliche Veranlagung zurückzuführen (Jellinger, 2005).
Parkinson-Krankheit (benannt nach dem Arzt James Parkinson, 1755–1824) ist eine langsam fortschreitende neurodegenerative Erkrankung des extrapyramidal-motorischen Systems des Gehirns, in dem die unwillkürlichen Bewegungsabläufe gesteuert werden. Sie ist gekennzeichnet durch das Absterben von Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin synthetisieren. Der Mangel an Dopamin führt zu einer Verminderung der aktivierenden Wirkung auf die motorischen Bewegungsabläufe. Die Symptome sind Muskelstarre (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), Muskelzittern (Tremor) sowie Gang- und Haltungsstörungen. Parkinson tritt häufiger bei Männern als bei Frauen auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Es wird geschätzt, dass weltweit mehr als 10 Millionen an Parkinson erkrankte Personen leben (Parkinson's Disease Foundation). In Deutschland wird von 250.000–400.000 Parkinson-Patienten ausgegangen (Parkinson aktuell). Ursachen für die Parkinson-Krankheit sind bislang nicht bekannt.
Bei der Fragestellung zu neurodegenerativen Erkrankungen und einer beruflichen Exposition bei niederfrequenten Magnetfeldern treten verschiedene methodische Probleme bei der Durchführung epidemiologischer Studien auf. Zum einen gibt es für diese Erkrankungen – anders als bei Krebs – keine zentrale Registrierung. Deshalb wird in diesen Studien häufig auf die Angaben in den Sterbeurkunden zurückgegriffen, die nicht so zuverlässig wie Angaben zu Patienten in einem speziellen Register sind (WHO, 2007). Zudem wird in einem Teil der Studien bei der Expositionsabschätzung die Einordnung in Elektroberufe aufgrund der Berufsbezeichnung durchgeführt und ist daher nicht sehr genau. In späteren Studien wurde die Expositionsabschätzung durch die Verwendung einer Job-Exposure-Matrix verbessert, die auf Messungen der magnetischen Flussdichten am Arbeitsplatz in unterschiedlichen Berufen basiert (z.B. Theriault et al (1994), Floderus et al (1996) und Bowman et al (2007)).
Als möglicher Confounder werden Stromschläge in Untersuchungen zu Elektroberufen diskutiert (Kheifets et al, 2009). Ob die untersuchten Personen während ihrer Arbeit zusätzlich Stromschläge erlitten hatten, wurde bisher nur in wenigen Studien zur Exposition bei Magnetfeldern und neurodegenerativen Erkrankungen berücksichtigt. Weitere nicht berücksichtigte Einflüsse (Confounder) in den epidemiologischen Studien könnten die Wirkungen von Chemikalien am Arbeitsplatz sein.
Der vorliegende Wissensstand zum Zusammenhang zwischen der Exposition bei niederfrequenten Magnetfeldern und dem Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wurde von verschiedenen internationalen Expertengremien (WHO (2007), ICNIRP (2003) und SCENIHR (2009)) bewertet. Sie kommen auf der Basis epidemiologischer Studien zu dem Schluss, dass es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Exposition bei Netzfrequenz-Magnetfeldern und amyotropher Lateralsklerose gibt. Die Studienergebnisse zu Alzheimer-Krankheit sind inkonsistent. Es ergibt sich daraus nur ein schwacher Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Magnetfeldern und Alzheimer-Krankheit. In den wenigen vorliegenden Studien wurde kein Zusammenhang zwischen der beruflichen Magnetfeld-Exposition und Parkinson-Krankheit festgestellt.
Zur häuslichen Magnetfeld-Exposition durch Hochspannungsfreileitungen wurden bisher nur wenige Studien durchgeführt, in denen es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Alzheimer gibt, jedoch keine Anhaltspunkte für Parkinson und amyotrophe Lateralsklerose (WHO, 2007).
Verschiedene Expertengremien und Autoren haben die Publikationen zu der Exposition bei niederfrequenten Magnetfeldern und dem Risiko für neurodegenerative Erkrankungen in folgenden Stellungnahmen, Reviews und Meta-Analysen umfassend zusammengefasst und bewertet:
Ein biologischer Wirkungsmechanismus zur Erklärung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Exposition bei niederfrequenten Magnetfeldern und dem Risiko für neurodegenerative Erkrankungen ist gegenwärtig nicht bekannt. Ein Überblick zu den tierexperimentellen und in vivo-Studien zu diesem Thema wird im Folgenden gegeben:
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