Genotoxizität ist die Schädigung oder Veränderung des Erbguts (DNA/RNA) in der Zelle durch biologische, chemische oder physikalische Noxen. Substanzen, welche in Zell- oder Tierexperimenten als genotoxisch positiv getestet werden, müssen aber nicht zwingend für den Menschen krebserregend sein, da zum einen der Prozess der Kanzerogenese ein langfristiger und mehrstufiger Prozess ist und zum anderen Ergebnisse aus in vitro- oder tierexperimentellen Tests nicht uneingeschränkt auf den Menschen übertragen werden können. Der Mensch und höhere Organismen verfügen außerdem über umfangreiche Reparaturmechanismen von DNA-Schäden.
Im Rahmen der Ermittlung der genotoxischen Wirkungen elektromagnetischer Felder kommen überwiegend folgende Methoden zum Einsatz: Untersuchung von Chromosomenaberrationen, Bestimmung der Häufigkeit eines Schwesterchromatid-Austauschs, Komet-Assay und Mikronukleus-Assay.
Aufgrund der Vielzahl der verwendeten Untersuchungsobjekte und –methoden ist eine Bewertung der Studien zur Induktion von DNA-Schäden durch hochfrequente Felder schwierig. Dies spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Stellungnahmen verschiedener nationaler und internationaler Gremien wider.
Die Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) kommt in ihrem Review (S. 273) zur Bewertung der Wirkungen hochfrequenter Felder zu dem Schluss, dass sowohl in vivo als auch in vitro-Studien in der Zusammenschau der Literatur keine Wirkung in Hinblick auf Genotoxizität liefern.
Das Internationale Krebsforschungszentrum (International Agency for Research on Cancer; IARC) beurteilt die Evidenz für genotoxische Effekte einer Hochfrequenz-Exposition insgesamt als schwach (IARC 2013, S. 415). Die IARC fasst zusammen, dass fast die Hälfte aller durchgeführten tierexperimentellen Studien Mängel in Hinblick auf die Exposition, kleine Studiengruppen oder unkontrollierte thermische Effekte aufweist und sieht auch bei Studien mit guter und vergleichbarer Qualität widersprüchliche Ergebnisse (S. 414). Auch bei vielen in vitro-Studien sieht die IARC Schwächen in Hinblick auf die Kontrolle möglicher thermischer Effekte. Ergebnisse von Studien, bei denen thermische Wirkungen ausgeschlossen werden können, waren überwiegend negativ oder zeigten widersprüchliche Ergebnisse.
Auf europäischer Ebene kommt der Wissenschaftliche Ausschuss für neu-auftretende und neu-identifizierte Gesundheitsrisiken der EU (SCENIHR, 2015, S.101 f) ebenfalls zu der Schlussfolgerung, dass in den meisten Studien zu Genotoxizität keine Wirkungen unterhalb der Grenzwerte gefunden wurden; gleichwohl wurden in einigen Studien DNA-Strangbrüche und Spindel-Störungen beobachtet.
Auch die Deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) kommt in ihrer Stellungnahmen zu den biologischen Auswirkungen des Mobilfunk (2011, S. 8) zu dem Schluss, dass sich aus der Literatur kein wissenschaftlich begründeter Verdacht auf eine genotoxische Wirkung von hochfrequenten Feldern ergibt und die Evidenz für das Vorliegen genotoxischer Wirkungen als sehr gering einzustufen ist.
Das Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU, 2014, S. 30) sieht insgesamt ebenfalls eine unzureichende Evidenz für eine direkte DNA-Schädigung durch Hochfrequenz-Exposition, obwohl vereinzelt Effekte beobachtet wurden.
Als Fazit kann gezogen werden, dass internationale wie nationale Expertengremien keine ausreichende Evidenz für genotoxische Wirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern unterhalb der Grenzwerte sehen. Eine neue ausführliche Stellungnahme der WHO zu Wirkungen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern wird für 2016 erwartet.
Weitere Informationen und eine Übersicht aller experimentellen Studien zum Thema Genotoxizität finden Sie in der Studienübersicht Mobilfunk des EMF-Portals.
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